Griechenland und seine Gläubiger nähern sich einer Einigung über ein Schuldenerlass-Paket, das auf der nächsten Sitzung der Eurogruppe am 21. Juni besiegelt werden soll, teilten hochrangige EU-Beamte mit.
Nach acht Jahren strenger Sparmaßnahmen im Austausch für mehr als 260 Milliarden Euro an Finanzhilfe aus den anderen europäischen Ländern wird Griechenland am 20. August aus dem Rettungspaket aussteigen.
Die Eurozonen-Partner arbeiten derzeit an einem Paket, das sicherstellen soll, dass das Land danach dem Marktdruck standhalten kann. Derweil werden weitere Reformen durchgeführt und die fiskalische Situation des Landes verbessert sich weiter.
Die Europäische Kommission, die Mitglieder der Eurozone und Griechenland halten es nicht für notwendig, eine vorsorgliche Kreditlinie für das Land einzurichten, sondern wollen nach Abschluss des Hilfsprogramms ein System der „erweiterten Überwachung“ einführen.
Im Rahmen der Vereinbarung werden die Gläubiger Athen einen Bargeldpuffer in Höhe von 11 bis 20 Milliarden Euro zur Verfügung stellen, der ausreicht, um alle Verbindlichkeiten bis Ende 2019 oder Anfang 2020 zu decken.
Die Vereinbarung beinhaltet auch eine Verschiebung der Rückzahlung der Darlehen der Europäischen Finanzstabilitätsfazilität – die 40 Prozent des Gesamtbetrags der Darlehen an Athen ausmachen – um bis zu 15 Jahre. Dadurch wird die Belastung der griechischen Wirtschaft weiter verringert. Griechenland soll außerdem die Möglichkeit geboten werden, etwa sieben Milliarden Euro an IWF- und anderen Darlehen mit höheren Zinssätzen (ca. 3 Prozent) zurückzuzahlen.
Darüber hinaus könnten die Mitglieder der Eurozone bis 2022 jährlich eine Milliarde Euro im Rahmen der Rückführung der Gewinne aus dem Wertpapiermarktprogramm (SMP) und der Vereinbarung über das Nettofinanzvermögen (ANFA) der Zentralbanken der Eurozone überweisen.
Die Auszahlung dieser Gelder wäre davon abhängig, dass Griechenland die Wirtschaftsreformen fortsetzt.
„Erweiterte Beobachtung“
Um zu überwachen, dass das Land auf Kurs bleibt, wird die griechische Wirtschaft unter einer sogenannten „erweiterten Überwachung“ stehen. Statt einmal pro Halbjahr wird es vierteljährliche Status-Berichte der EU-Kommission, des Internationalen Währungsfonds, der Europäischen Zentralbank und des Europäischen Stabilitätsmechanismus geben.
Es wird erwartet, dass die Minister der Eurozone auf der Sitzung der Eurogruppe am 21. Juni eine grundsätzliche Einigung erzielen. Einige technische Details könnten dann noch im Nachhinein geklärt werden.
Das griechische Parlament seinerseits wird diese Woche über die noch ausstehenden Reformen abstimmen, sodass die Kommission ihren Bericht über die Einhaltung der Vorschriften Anfang nächster Woche vor dem Treffen abschließen und ihre „Wachstumsstrategie“ für die kommenden Jahre vorlegen kann.
Griechische Schulden
Das endgültige Urteil über die Widerstandskraft Griechenlands wird aber erst fallen, sobald das Land Ende August aus den Hilfsprogrammen aussteigt und sich wieder den Finanzmärkten stellt.
Olivier Bailly, Kabinettschef des EU-Wirtschaftskommissars Pierre Moscovici, erklärte, die Investoren würden nun auf eine Einschätzung des IWF zur Tragfähigkeit der griechischen Schulden warten. Mit 178 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ist die Staatsverschuldung Griechenlands gemessen am BIP die höchste in Europa. Damit werde auch „Druck auf Deutschland“ aufgebaut, da sich der Internationale Währungsfonds und Berlin in dieser Frage nicht einig seien, so Bailly.
Obwohl der IWF keine Kürzung bzw. Streichung der Schulden Griechenlands mehr fordert (wobei vor allem die übrigen Länder der Eurozone die Gläubiger sind), will der Fonds eine deutliche Reduzierung für die Umsetzung des geplanten Schulden-Programms.
Die Europäer zeigten sich jedoch zuversichtlich, dass das vorgeschlagene Schuldenpaket genügend Vorabmaßnahmen enthält, um die Märkte – und den IWF – davon zu überzeugen, dass die Stabilität Griechenlands bis 2030 gewährleistet ist.
Nach diesem Zeitpunkt werden Griechenland und seine Gläubiger prüfen, ob die Bedingungen für Darlehen der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität geändert werden müssen; je nach griechischem Wirtschaftswachstum.
Es bleibt abzuwarten, welche Mechanismen die Europäer nutzen würden, sollte Griechenland bei einigen der in den letzten Jahren beschlossenen Reformen wieder zurückfallen. Bailly unterstrich aber, nach acht Jahren strikter Austerität wolle aktuell niemand mehr über eine potenzielle „Bestrafung“ der Griechen sprechen.