Das krisengebeutelte Griechenland verlässt in wenigen Wochen das dritte Kreditprogramm. Beendet wird das Kürzen und Liberalisieren unter EU-Kontrolle damit jedoch nicht. Die Kommission will Athen einer „verstärkten Überwachung“ unterziehen.
Die bisherigen Ergebnisse der „Griechenland-Rettung“ sind ernüchternd. Nach drei Programmen, mehreren hundert Milliarden öffentlicher Gelder und unzähligen Sozialreformen und Privatisierungsprojekten ist der Schuldenstand von 126 Prozent des BIP in 2009 auf 179 Prozent in 2017 gestiegen. Die Wirtschaftsleistung ist um rund ein Viertel zurückgegangen und zehntausende Fachkräfte haben angesichts völliger Perspektivlosigkeit in der Heimat das Land verlassen. Dass Griechenland in absehbarer Zeit „auf eigenen Beinen“ stehen wird, glaubt niemand ernsthaft.
Nun hat die EU-Kommission einen Beschluss der Eurogruppe vom Juni konkretisiert, demzufolge auch nach dem Programmende strenge Sparauflagen gelten sollen, deren Einhaltung von den EU-Institutionen überwacht wird. Im Gegenzug erhält Athen Schuldenerleichterungen durch eine zehnjährige Streckung der Kreditlinie und eine günstigere Struktur der Zinszahlungen.
Durch die „verstärkte Überwachung“ will die Kommission gewährleisten, dass die“ Vollendung und Fortführung der im Rahmen des Programms vereinbarten Reformen im Einklang mit den Zusagen der griechischen Behörden unterstützt werden“, heißt es zur Begründung. Dies sei „von entscheidender Bedeutung, damit insbesondere unmittelbar nach Programmende Marktvertrauen aufgebaut und die wirtschaftliche Erholung Griechenlands konsolidiert“ werden könne.
Der nun beschlossene Rahmen sieht vor, dass Beobachter der Kommission künftig vierteljährlich „Im Einvernehmen mit der Europäischen Zentralbank“ Überprüfungsmissionen durchführt und im Zweifelsfall „frühzeitig Maßnahmen einleitet“. Kontrolliert werden soll, ob Griechenland alle vereinbarten Reformen auch über das Programmende am 20. August hinaus vollständig umsetzt und beibehält. Dass die EZB an Bord ist, ist insofern relevant als dass sie nach dem offiziellen Programmende die größten (geldpolitischen) Hebel in der Hand hat, um im Konfliktfall Druck auf Athen auszuüben. Wie Wirksam diese Hebel sind zeigte sich bereits 2015, als die griechische Regierung erst nach monatelangen Verhandlungen ein drittes Programm akzeptierte, während denen die Zentralbanker den Geldhahn Stück für Stück weiter zudrehten.
Die Überwachung soll gemäß des so genannten Two-Pack, der die Rechtsgrundlage dieses Mechanismus ist, andauern bis 75 Prozent der Schulden aus den Programmen zurückgezahlt sind. Gemäß dem aktuellen Tilgungsplan ist eine vollständige Begleichung der Schulden im Jahr 2059 vorgesehen. Auch durch die jüngst beschlossene Streckung der Kreditlinien wird es Jahrzehnte dauern, bis die 75-Prozent-Marke erreicht ist und Griechenland wieder eigenständig Politik machen kann.
Viel ändert sich für die Griechen also nicht, wenn in Kürze die achtjährige Phase der Rettungspolitik offiziell für beendet erklärt wird. Oder wie es der für den Euro zuständige EU-Kommissar Valdis Dombrovskis ausdrückte: „Der 20. August markiert einen Neuanfang für Griechenland. Das Land muss seine umsichtige Haushaltspolitik und makroökonomische Politik fortsetzen und die vereinbarten Reformen zum Abschluss bringen.“
Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici betonte derweil, dass es sich bei der verstärkten Überwachung nicht um ein viertes Programm handle. Es ginge „vielmehr um einen Rahmen, der die Vollendung und Umsetzung der laufenden Reformen unterstützt.“ Dies sei von zentraler Bedeutung, da die wirtschaftliche Erholung Griechenlands kein punktuelles Ereignis, sondern ein fortwährender Prozess sei.
Auch andere frühere Programmländer wie Portugal oder Irland stehen noch lange unter besonderer Beobachtung. Bisher wurde jedoch in keinem Fall ein derart striktes Überwachungsverfahren gewählt, wie im Falle Griechenlands.