Von der Leyen will gegen chinesische E-Autos vorgehen

Letzte Woche kündigte die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen (Bild), an, dass die Kommission eine Vertretung in Nuuk, der Hauptstadt Grönlands, eröffnen werde. Darüber hinaus wurde auch ein 22,5 Millionen Euro schweres Programm für Investitionen in Energie und kritische Rohstoffe auf dem dänischen Staatsgebiet angekündigt. [Julien Warnand/EPA]

In ihrer Rede zur “Lage der Union” warnt EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen vor einer steigenden Zahl chinesischer Elektroautos, die aufgrund von Dumping-Preisen den europäischen Markt verzerren würden und kündigte Gegenmaßnahmen an. 

In ihrer Rede zur jährlichen Lage der EU am Mittwoch (13. September) verteidigt Ursula von der Leyen den “Green Deal”, ihr ambitionierter Kurs in der Klima- und Umweltpolitik, welcher zuletzt Kritik ausgesetzt war. 

“Der europäische Green Deal war unsere Antwort auf den Ruf der Geschichte,” sagte von der Leyen. Extremwetter und Waldbrände zeigten die “die Realität eines brodelnden Planeten”, auf welche die Politik reagieren müssen.

Eins der Herzstücke des Pakets, das Aus für Benzin- und Dieselautos ab 2035, mache Europa allerdings zunehmend abhängig von China, warnen Kritiker. Chinesische Hersteller dominieren das Geschäft mit E-Autos in ihrem Heimatmarkt und hatten zuletzt ihre Elektromodelle auch in Europa auf den Markt gebracht. 

Nun will von der Leyen stärker gegen chinesische E-Autos vorgehen, zur Not mit neuen Zöllen.

Der E-Auto-Sektor berge ein “riesiges Potenzial” für europäische Autohersteller, sagte von der Leyen am Mittwoch (13. September). “Doch die globalen Märkte werden inzwischen von billigeren chinesischen Elektroautos überflutet,” warnte sie.

Deren Preise würden “durch enorme staatliche Subventionen künstlich niedrig gehalten”, weshalb die EU-Kommission eine Untersuchung einleiten würde, so von der Leyen weiter. Staatliche Subventionen, die Exporte künstlich vergünstigen, sind unter den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) verboten – und können mit Strafzöllen belegt werden.

Unterstützung erhielt von der Leyen vom CSU-Politiker Manfred Weber, der die christdemokratische Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) anführt.

“Wir wollen einen europäischen Green Deal, keinen chinesischen,” antwortete Weber auf von der Leyens Rede. “Wir wollen nicht, dass chinesische Elektrofahrzeuge von unserem ehrgeizigen Klimakonzept profitieren,” fügte er hinzu.

Mit dem Schritt könnte von der Leyen sich jedoch mit der Bundesregierung anlegen, die Protektionismus zugunsten heimischer Industriezweige grundsätzlich skeptisch gegenübersteht – aus Angst, dass Gegenmaßnahmen dem deutschen Exportsektor letztlich mehr schaden als nützen könnten.

“Faire Konkurrenz belebt das Geschäft,” sagte Bundeskanzler Olaf Scholz erst letzte Woche bei der Automesse IAA mit Blick auf die neue Konkurrenz aus China. 

“Konkurrenz sollte uns anspornen, also nicht schrecken”, so Scholz. 

Die Möglichkeit einer Marktverzerrung durch Dumpingpreise von E-Autos tat Scholz als Angstmacherei ab. 

“In den 80er Jahren hieß es: Jetzt überrollen japanische Autos alle anderen Märkte. 20 Jahre später waren es Autos ‘Made in Korea’. Heute sind es vermeintlich chinesische Elektroautos,” sagte Scholz in München.

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“Derisking” soll weiter gehen

Nicht nur die steigenden Marktanteile chinesischer Autohersteller hatten europäische Politiker beunruhigt, sondern auch die Dominanz Chinas bei kritischen Rohstoffen, die etwa bei der Herstellung von Batterien oder Halbleitern für Computerchips benötigt werden.

“Wir haben echte Engpässe entlang der globalen Lieferketten erlebt, auch aufgrund der bewussten Politik anderer Länder,” sagte von der Leyen. Im Juli hatte China die Ausfuhr der Rohstoffe Gallium und Germanium beschränkt und angekündigt, Exportkontrollen einzuführen.

Die EU ist bei kritischen Rohstoffen stark von China abhängig. So importiert die EU beispielsweise derzeit etwa 93 Prozent ihres Magnesiums und 86 Prozent ihrer Seltenen Erden aus der Volksrepublik.

“Dies zeigt, warum es für Europa so wichtig ist, die wirtschaftliche Sicherheit zu erhöhen”, so von der Leyen.

Europa ist dabei mit einem Spagat konfrontiert: Einerseits will es die heimische Verarbeitung kritischer Rohstoffe erhöhen – andererseits ist es wegen unzureichender europäischer Vorkommen auf Partnerländer angewiesen.

Diese wollten jedoch zunehmend die Verarbeitung kritischer Rohstoffe im eigenen Land behalten, da diese lukrativ ist als der reine Abbau, räumte von der Leyen ein.

Dazu solle sich noch in diesem Jahr ein internationaler “Rohstoff-Club” (“Critical Raw Materials Club”) treffen, ein neues internationales Format, welches den Aufbau alternativer Lieferketten koordinieren soll, sagte von der Leyen.

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“Kurs halten” beim Green Deal

Forderungen, den grünen Kurs der EU aufzugeben, lehnte von der Leyen ab.

“Wir bleiben auf Kurs. Wir bleiben ehrgeizig,” sagte sie. 

Im Frühjahr hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron eine “Pause” für neue EU-Umweltgesetze gefordert, damit sich Unternehmen zunächst an die bereits verabschiedeten Gesetze anpassen können.

Zuletzt hatte sich auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) angeschlossen, und dabei insbesondere auf die geplante EU-Gebäuderichtlinie gezielt, welche unter anderem eine Renovierungspflicht für ältere Gebäude vorsieht.

Dieser Vorschlag sei “enorm gefährlich“, sagte Lindner zu Politico.

Stéphane Séjourné, der Chef der liberalen Fraktion Renew auf EU-Ebene, zu der auch die FDP gehört, wollte sich dieser Kritik jedoch nicht anschließen.

“Der Green Deal macht Europa zum vorbildlichsten Kontinent in Bezug auf den ökologischen Wandel,” sagte Séjourné, der zur Partei des französischen Präsidenten Macron gehört.

“Wir müssen uns für unsere Umweltbilanz nicht schämen,” sagte er und forderte einen schnellen Abschluss der noch ausstehenden Verhandlungen.

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(Bearbeitet von Oliver Noyan)

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