Der serbische Präsident Aleksandar Vučić sagte, er werde die Anerkennung der Unabhängigkeit der Separatistenregionen in der Ostukraine durch Russland nur verurteilen, wenn wiederum der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die NATO-Bombenkampagne gegen Serbien im Jahr 1999 öffentlich im Fernsehen verurteilt.
Damit reagierte er auf den ukrainischen Botschafter Alexander Alexandrowitsch, der sagte, die Ukraine und das ukrainische Volk erwarteten, dass Serbien die Anerkennung der Unabhängigkeit des Donbass durch Russland verurteile.
„Wir sind ein kleines Land und wollen nicht auf die Möglichkeit verzichten, unsere Freundschaften mit einigen [Ländern] fortzusetzen, und wir entscheiden in keiner Weise über das Schicksal der Ukraine“, sagte Vučić am Dienstag in Monaco gegenüber Pink TV.
„Wenn es jedoch so ist, lade ich Herrn Aleksandrovich ein, den Präsidenten seines Landes, Herrn Selenskyj, anzurufen und ihn zu bitten, bereits heute Abend im Fernsehen die schreckliche und tragische Übergriffe seitens der USA, des Vereinigten Königreichs, Deutschlands und anderer Länder gegen Serbien zu verurteilen, und ich bin sicher, dass er das tun wird. Sobald er dies tut, werde ich seine Einladung gerne annehmen und auf seine Bitten eingehen“, fügte er hinzu.
Der serbische Präsident bekräftigte auch, dass sein Land militärisch neutral sei, nicht aber politisch, und dass er nicht auf traditionelle Freundschaften verzichten werde.
„Serbien hat die Integrität der Ukraine immer unterstützt, und daran hat sich nichts geändert“, fügte er hinzu.
Er sagte, dass bereits Druck auf Serbien ausgeübt worden sei, wegen der Ukraine-Krise Sanktionen gegen Russland zu verhängen. Zudem erwartet er, dass dieser Druck in Zukunft noch zunehmen wird.
Während eines Treffens mit seinem französischen Amtskollegen Emmanuel Macron am Montag sei jedoch kein Druck in dieser Angelegenheit ausgeübt worden.
Einige kritische Worte zum Vorgehen Russlands ließ sich der serbische President allerdings trotzdem abringen.
Die Entscheidung Russlands, die Unabhängigkeit der abtrünnigen ukrainischen Regionen Donezk und Luhansk offiziell anzuerkennen, würde die gesamte globale Sicherheitsstruktur verändern, fügte er hinzu. Er äußerte sich besorgt über die Situation und betonte, dass die Position Serbiens unangenehm sei.
Serbien ist ein EU-Beitrittskandidat, weshalb von ihm erwartet wird, dass er sich in außenpolitischen Fragen nach der EU richtet.
In der Praxis ist dies nicht immer der Fall gewesen. Nach Angaben der Europäischen Kommission lag die Quote der Angleichung Serbiens an die einschlägigen Erklärungen des Hohen Vertreters im Namen der EU und an die Beschlüsse des Rates im Jahr 2020 bei 56 Prozent, stieg aber bis August 2021 auf 61Prozent.
Anfang dieser Woche sagte Vučić: „Das serbische Volk möchte und wird die NATO nicht haben“.
Insgesamt ist die westliche Balkanregion besorgt über mögliche Auswirkungen der Eskalation an der russisch-ukrainischen Grenze, insbesondere nach einer Erklärung des russischen Außenministers Sergej Lawrow, der behauptete, Söldner aus Albanien, dem Kosovo sowie Bosnien und Herzegowina seien rekrutiert und in den ukrainischen Donbass verlegt worden, um dort gegen von Moskau unterstützte Rebellen zu kämpfen.
Die lokalen Regierungen haben die Behauptungen Moskaus dementiert, aber Analysten befürchten, dass solche Behauptungen dazu benutzt werden könnten, die bereits angespannten Beziehungen zwischen dem von Russland unterstützten Serbien und dem von den USA unterstützten Kosovo weiter zu destabilisieren.
Ähnliche Befürchtungen wurden in Bosnien und Herzegowina geäußert, wo die Spannungen zwischen den kroatischen und bosniakischen Fraktionen und der serbisch geprägten Republika Srpska brodeln.
Besorgnis im Kosovo
Der Präsident des Kosovo, Vjosa Osmani, hat die Befürchtung geäußert, dass Russland Serbien, seinen engsten Verbündeten in der Region, dazu benutzen wird, den westlichen Balkan zu destabilisieren.
Osmani äußerte sich gegenüber lokalen kosovarischen Medien nach ihrer Teilnahme an der Münchner Sicherheitskonferenz.
Die Bedenken kommen, nachdem Russland den Kosovo, Albanien sowie Bosnien und Herzegowina beschuldigt hat, Söldner in die Ukraine zu schicken. In einer Erklärung des russischen Geheimdienstes, die Exit von der russischen Botschaft in Tirana zugesandt wurde, heißt es, dass Großbritannien und die USA Söldner aus dem westlichen Balkan mit 3.000 Dollar pro Monat bezahlen.
Die westlichen Balkanländer bezeichneten die Behauptungen als absurd und „Fake News“.
In einer Rede vor dem Parlament am Dienstagmorgen sagte der kosovarische Premierminister Albin Kurti, dass das Kosovo die Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine unterstütze.
„Das Kosovo wird immer an der Seite der Europäischen Union, der Vereinigten Staaten und der NATO stehen“, sagte er.
Unterdessen warnte Vučić davor, dass sich die Krise in der Ukraine weiter auf Europa und insbesondere auf den Balkan ausweiten könnte.
Kurz zuvor hatte Russlands Präsident Wladimir Putin ein Dekret zur Anerkennung der Unabhängigkeit des Donbass unterzeichnet.
„Als Oberbefehlshaber habe ich den Mitgliedern der serbischen Armee einen Befehl erteilt und die Polizeikräfte sowie die Spezialeinheiten aufgefordert, sich bestmöglich vorzubereiten und weiter in Ausrüstung und Waffen zu investieren“, so Vučić.