Der französische EU-Abgeordnete Jordan Bardella, Präsident der rechtspopulistischen Fraktion Patrioten für Europa, wurde eingeladen, in Athen an einer Veranstaltung zur Demokratie in der EU teilzunehmen. Politiker der linken Szene in Griechenland reagierten aufgebracht.
Bardella, Vorsitzender des rechtspopulistischen französischen Rassemblement National und Präsident der neu gegründeten Fraktion Patrioten für Europa im EU-Parlament, war eingeladen worden, am Donnerstag (03. Oktober) auf einer vom Athener Demokratieforum organisierten Veranstaltung zu sprechen.
Doch seine Teilnahme an der Veranstaltung hat in Athen inmitten einer fragilen innenpolitischen Landschaft starke Reaktionen ausgelöst.
„Wir machen deutlich, dass Le Pens Schützling in Athen nicht willkommen ist“, erklärte Nasos Iliopoulos, Sprecher der Partei Neue Linke, gegenüber Euractiv. Es sei „undenkbar“, Bardella einzuladen, um über Demokratie zu sprechen.
„Offensichtlich spiegelt diese Einladung eine breitere Wahrnehmung wider, die im ‚liberalen Zentrum‘ vorherrscht, auf der Grundlage, dass die extreme Rechte kultiviert werden und ein wichtiger Verbündeter sein kann“, bemerkte er.
Der griechische Europaabgeordnete der wichtigsten Oppositionspartei Syriza, Nikolas Farantouris, kommentierte seinerseits, dass Bardella eine Ideologie vertrete, in deren Zentrum Intoleranz und Rassismus stünden.
„Als Kandidat für das Amt des französischen Premierministers an der Seite von Le Pen und als derzeitiger Europaabgeordneter unterstützt er ein Europa der Phobien in einer gespaltenen Gesellschaft. Wir prallen im Europäischen Parlament als Vertreter zweier unterschiedlicher Welten aufeinander. Meine Welt verabscheut den Faschismus und alles, was ihn verherrlicht“, ergänzte Farantouris, Jean-Monnet-Professor für EU-Recht und Mitglied der föderalistischen Spinelli-Gruppe.
„Durch Dialog können Extreme herausgefordert werden“
In einer E-Mail an Euractiv rechtfertigte Achilles Tsaltas, Präsident der Stiftung für Demokratie und Kultur die Einladung Bardellas:
„Als Forum laden wir Redner ein, die für Demokratie und gegen Demokratie sind, da wir durch Diskussion und Dialog den Aufstieg der Extremen und Autoritarismus besser verstehen, herausfordern und konfrontieren können, um die Entwicklung der Demokratie zu unterstützen.“
Ein fragiles politisches Umfeld
Ähnlich wie in mehreren EU-Staaten sind Umfragen zufolge auch in Griechenland rechtspopulistische Parteien auf dem Vormarsch.
Die jüngste Umfrage deutet darauf hin, dass die rechtspopulistische Partei ‚Griechische Lösung‘ (EKR), die ‚Stimme der Vernunft‘ (Patrioten für Europa) und die rechte ‚Niki‘ (fraktionslos) 15 Prozent der Stimmen erhalten würden. Vor einigen Wochen ergab eine andere Umfrage, dass sie bis zu 20 Prozent erreichen könnten.
EU-Abgeordnete Afroditi Latinopoulou, die mit der ‚Stimme der Vernunft‘ Teil von Bardellas Fraktion ist, begrüßte kürzlich den Wahlsieg der rechtspopulistischen Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ). Dabei sagte sie: „Die EU verändert sich, die Vernunft siegt.“
Unterdessen versuchen die etablierten pro-europäischen Parteien immer noch, sich von den Ergebnissen der Europawahlen zu erholen.
Die regierende Partei Nea Dimokratia (EVP) hat seit den griechischen Parlamentswahlen 2023 mehr als eine Million Stimmen verloren. Sie liegt in Umfragen derzeit bei 27 Prozent, gefolgt von der sozialdemokratischen Pasok mit 14 Prozent.
Die größte Oppositionspartei ist die linke Syriza-Partei, die mit 7,7 Prozent auf dem fünften Platz liegt.
Sowohl Pasok als auch Syriza werden bald neue Vorsitzende wählen, in der Hoffnung, ihren Parteien neuen Schwung zu verleihen. Einige gehen davon aus, dass die beiden Parteien abhängig von den nächsten Vorsitzenden eine „progressive“ Front bilden könnten, um die konservative Nea Dimokratia herauszufordern.
Analysten in Athen schätzen, dass die nächste Führung der sozialdemokratischen Pasok den Schlüssel für die nächste Regierung in der Hand hält und eine Wende nach links oder rechts bedeuten könnte.
Die Nea Dimokratia hofft ihrerseits auf einen sozialdemokratischen Parteivorsitzenden, der den Konservativen freundlich gesinnt ist und gleichzeitig den Schwerpunkt der politischen Agenda auf die Migration verlagert, aus Angst vor weiteren Stimmenverlusten an die Konservativen und Rechten.
In einem Gespräch mit Euractiv lehnte die Europäische Kommission kürzlich die Finanzierung eines Zauns ab, den die griechische Regierung an der Landgrenze bei Evros zur Türkei errichtet, um irreguläre Migration zu verhindern.
Die CDU, die wie die Nea Dimokratia der Europäischen Volkspartei (EVP) angehört, unterstützte jedoch das Argument der griechischen Regierung.
„Ich erwarte von der Bundesregierung und der EU-Kommission, dass sie sicherstellen, dass wir Staaten an den Außengrenzen wie Polen und Griechenland nicht im Stich lassen“, erklärte Alexander Throm, innenpolitischer Sprecher der CDU, Anfang der Woche gegenüber Euractiv.
[Bearbeitet von Kjeld Neubert]