Die Hilfsorganisation Oxfam und sieben weitere Organisationen haben fünf Jahre nach dem Flüchtlingsabkommen zwischen der EU und der Türkei dieses als „gescheitert“ bezeichnet.
„Katastrophale Lebensbedingungen in den Aufnahmelagern für Geflüchtete, illegale Pushbacks an den europäischen Außengrenzen und schleppende Asylverfahren für Schutzsuchende“ seien die Folgen dieses Abkommens, kritisierten die Organisationen in einem am Donnerstag veröffentlichten Brief. Die EU wolle aber an ihrer „Abschottungspolitik“ festhalten und diese im Rahmen ihres neuen Migrations- und Asylpaktes fortsetzen.
Die acht Organisationen forderten einen grundlegenden Kurswechsel, der den Schutz geflüchteter Menschen gewährleistet. Die EU versperre mit ihrer Politik den Schutzsuchenden systematisch den Weg in die Sicherheit, kritisierte Raphael Shilhav, Oxfams EU-Migrationsexperte in Brüssel. Vor allem Frauen berichteten, dass sie sich nicht sicher fühlten, dass sie Gewalt, Belästigung und Ausbeutung ausgesetzt seien. Für diese dramatische humanitäre Krise sei die EU verantwortlich.
In ihrem offenen Brief forderten die Organisationen, niemand dürfe inhaftiert werden, weil er Asyl sucht. Asylsuchende müssten unter menschenwürdigen Bedingungen leben. Die EU dürfe ihre „Menschenrechtsverpflichtungen“ nicht durch die Schaffung einer Übergangsphase
umgehen, in der das EU-Asylrecht nicht vollständig gelte.
Asylsuchende, die europäisches Territorium erreichten und Asyl beantragten, müssten ohne Ausnahme den Schutz durch EU-Recht und nationale Gesetze genießen. Ferner forderten die Organisationen, Asylsuchende müssten Zugang zu rechtlichem Beistand.
Der Offene Brief wird von Amnesty International, Caritas Europe, dem Danish Refugee Council, dem Greek Council for Refugees, Human Rights Watch, dem International Rescue Committee und von Refugee Rights Europe mitgetragen.
Am 18. März 2016 hatte die EU mit der Türkei ihren Flüchtlingspakt geschlossen. Die Regierung in Ankara sicherte zu, alle neu auf den griechischen Inseln ankommenden Flüchtlinge zurückzunehmen und gegen Schlepperbanden vorzugehen.
Die EU versprach ihrerseits beschleunigte Verhandlungen über die Abschaffung des Visa-Zwangs für türkische Bürger und den EU-Beitritt sowie Gespräche über eine Ausweitung der Zollunion. Zudem verpflichtete sich die EU zur Zahlung von sechs Milliarden Euro zur Versorgung von Millionen syrischen Flüchtlingen in der Türkei.