Es gibt sie – risikofreiere biologische Pflanzenschutzmittel als Alternative zu Glyphosat und anderen chemischen Pflanzenschutzmitteln. Doch ihre Zulassung ist lang und kompliziert, kritisiert das EU-Parlament – und fordert von der EU-Kommission Gesetzesänderungen.
Niemand kann ganz sicher sagen, wie schädlich das Pestizid Glyphosat tatsächlich ist. Umstritten bleibt der am häufigsten genutzte Wirkstoff in Pflanzenschutzmitteln Europas dennoch. Wie etliche herkömmliche Pestizide steht es unter Verdacht, der Umwelt oder der Gesundheit des Menschen zu schaden.
Dabei gibt es Alternativen: Biologische Pflanzenschutzmittel können den gleichen Nutzen haben, bergen aber wesentlich geringere Risiken, meinen EU-Abgeordnete. Schon seit längerem fragen sie sich, warum manche Mitgliedstaaten zögern oder sich weigern, solche Stoffe zu genehmigen. Denn Möglichkeiten, diese herzustellen, gibt es viele – etwa aus Mikroorganismen, pflanzlichen Bestandteilen oder Botenstoffen wie beispielsweise Pheromonen oder ätherische Ölen. Allein: Die Genehmigungsverfahren seien noch viel zu langwierig und kompliziert.
Nun haben die Parlamentarier die EU-Kommission aufgefordert, Gesetzesvorschläge zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren vorzulegen.
In ihrer nun verabschiedeten Entschließung betonen die Abgeordneten, dass der Einsatz herkömmlicher Pflanzenschutzmittel zurecht immer umstrittener sei. Obwohl zig andere Mittel existieren, sind derzeit aber nur sieben als Wirkstoffe mit geringem Risiko eingestufte Alternativen für die Union genehmigt worden.
„Pflanzenschutzmittel mit geringerem biologischem Risiko können sowohl für die konventionelle als auch für die ökologische Landwirtschaft eine tragfähige alternative darstellen“, meint der deutsche Abgeordnete Norbert Lins (EPP). Langwierige Vermarktungs- und Zulassungsverfahren seien jedoch ein erhebliches Risiko, vor allem für kleine und mittelständische Produzenten, kritisiert er.
Endlich mehr Alternativen zu Glyphosat und Co.
„Wir brauchen endlich mehr Alternativen zu Glyphosat und Co.“, mahnt auch die SPD-Europaabgeordneten Susanne Melior. Mit der Resolution würden Alternativen zu konventionellen Pestiziden und Biobauern in Europa unterstützt, so Melior, die Mitglied des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit ist.
Anders sieht das die Britin Julie Girling von der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer: Sie bezweifelt, dass die Alternativen besonders effektiv sind. „Das Ziel von Pestiziden ist es, Schädlinge zu bekämpfen“, sagte sie bei der Debatte am Montag. „Wenn sie nicht funktionieren, sollten sie nicht schneller zugelassen werden.“
Zu oberflächliche Bedenken zu den Alternativen will die Entschließung jedoch nicht gelten lassen. Die Abgeordneten bemerken stattdessen: Einige Mitgliedstaaten hätten Produkten, die Wirkstoffe biologischen Ursprungs mit geringem Risiko enthalten, die Zulassung verweigert, „da diese Produkte im Vergleich mit chemisch-synthetischen Pestiziden vermeintlich weniger wirksam sind“, ohne dass dabei „den Vorteilen der Ressourceneffizienz in der ökologischen/biologischen Landwirtschaft und den landwirtschaftlichen, gesundheitsbezogenen und ökologischen Kosten bestimmter anderer Pflanzenschutzmittel Rechnung getragen worden wäre“.
Der Zulassungs- und Registrierungsprozess soll nun nach dem Willen der Befürworter von Alternativen beschleunigt werden, damit Landwirte auf ein breiteres Spektrum biologischer Pflanzenschutzmittel zurückgreifen können. Einen Legislativvorschlag, mit dem ein Schnellverfahren für die Bewertung, Zulassung und Registrierung von Pestiziden biologischen Ursprungs mit geringem Risiko möglich wird, solle die Kommission bis Ende 2018 vorlegen. Zudem sollten auch die EU-Mitgliedstaaten Pflanzenschutzmittel mit geringem Risiko in ihre nationalen Aktionspläne aufzunehmen.
Rückenstärkung erhalten die Parlamentarier auch von Vytenis Andriukaitis, EU-Kommissar für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, der sich ebenfalls für eine erleichterte Zulassung ausspricht. Der Mangel an Zugänglichkeit zu Pestiziden mit geringeren Risiken müsse angegangen werden, sagte er am Montag. „Wir brauchen bessere Bedingungen in den Mitgliedstaaten, um eine grünere und nachhaltigere Landwirtschaft umzusetzen.“